Wo, wann und wie trainiert man eigentlich für so ein Lauf-Experiment? Welche Energiequellen anzapfen? Gute Fragen! Was wir zumindest wissen: Das Laufen entlang von Stromleitungen, Wasserläufen und zwischen Kraftwerken hilft.
The Speed Project – Hallo, Unbekanntes!
Auch die extremste Erfahrung reicht nicht. Gut, einige im Team haben schon Erfahrung mit durchaus längeren Wettkampfeinsätzen: 24-Stunden-Lauf, Ironman-Triathlons, X-treme-Triathlons, Ultratrailläufe – jedes Event für sich eine Mordsplackerei. Aber alles nichts gegen das, was beim Speed Project auf uns wartet, rechnen wir doch mit einer „Expeditionszeit“ zwischen 45 und 48 Stunden. Und keiner von uns ist jemals zwei Tage nonstop im Laufmodus unterwegs gewesen. Niemand hat demnach Erfahrung mit dem, was da auf uns zukommt. Wie also auf das Unbekannte vorbereiten?
Woher nehmen wir die Energie?
Nachdem wir aus Gründen der Geschwindigkeitsoptimierung während des Rennens auf eher kürzere Wechselintervalle setzen wollen – alle vier bis zehn Kilometer Übergabe an den nächsten Läufer – gleichen unsere Trainingseinheiten jenen der Vorbereitung auf einen Halbmarathon: Grundlagenausdauer mit Longjogs „anzüchten“, dann Einheiten mit intensiveren Intervalltrainings und Steigerungsläufen und Fahrtspielen, um Geschwindigkeit und Tempohärte aufzubauen. Und dann noch lockere Ausdauerläufe zwischendurch. Ergibt Wochenumfänge zwischen 40 und 120 Kilometer.
Nicht alle, also fast niemand, also eigentlich keiner hat dafür einen eigenen Trainer engagiert. Manche haben einen Plan, andere nur eine Ahnung, was sinnvoll wäre, dritte wiederum orientieren sich ausschließlich an ihrem Gefühl. Die meisten, also fast jeder, also alle müssen das Ganze dann noch halbwegs allgemeinverträglich in einen Familien-Job-Alltag integrieren.
Lauftraining entlang der Mur
Gut, dass man fürs Laufen relativ wenig Ausrüstung und keine Infrastruktur braucht: So lassen sich immer und überall kleine Trainingssessions einbauen. Für die in Graz stationierten Mitglieder unseres Teams sind die Rad- und Ausflugswege entlang der Mur so zu häufig frequentierten Orten geworden. Das hat mehrere Vorteile: Die rund fünf Kilometer zwischen dem (gerade entstehenden) Wasserkraftwerk Puntigam der Energie Steiermark und der Staustufe Gössendorf eignen sich hervorragend für Intervalltrainingseinheiten. Man kann dort auf Asphalt oder Schotter direkt neben der Mur auf schnurgeraden Abschnitten Tempobolzen oder locker Auslaufen. Oder man wählt die kurvigere Radwegtrasse und hantelt sich von einem Strommasten zum nächsten im Schnell-langsam-schnell-Rhythmus durch.
Unser Lauf-Soundtrack: Zukunftsmusik
Das verbraucht einiges an Energie. Könnte aber vielleicht irgendwann einmal auch zur Energiegewinnung genutzt werden. So kursieren in der F&E-Szene einige Innovationsideen und Pilotprojekte. Bodenfliesen zum Beispiel, die wie Minikraftwerke funktionieren, nämlich bei jedem Betreten durch die dabei erfolgte Krafteinwirkung Strom erzeugen. Das Gewicht der Schritte drückt die Generatoren nach unten und löst eine Rotationsbewegung aus. Die dadurch erzeugte Energie wird in Batterien gespeichert und kann beispielsweise für Beleuchtung genutzt werden. Je nach Gewicht und Stärke des Auftretens erzeugt ein Schritt etwa sieben Watt. Die innovativen Bodenfliesen kamen bereits bei den Olympischen Spielen in London zum Einsatz.
In den USA haben sich Wissenschaftler wiederum mit dem Thema Stromgewinnung direkt in Schuhen befasst, der in der Lage ist die durch Laufen freigesetzte Energie in Strom für Handhelds umzuwandeln. In der Spezialsohle ist dabei eine Batterie integriert, die den gewonnen Strom zwischenspeichert. Damit lädt das Smartphone auch, wenn man nicht läuft. Pro Schuh wären theoretisch bis zu 10 Watt möglich. Schon vor neun Jahren tauchte die Idee auf, in Rucksäcken Akkus einzubauen, die sich basierend auf elektromagnetischer Induktion durch Bewegung aufladen.
Alles Zukunftsmusik. In der Gegenwart laufen wir weiter mit normalen Schuhen entlang der Mur…
Text: Klaus Höfler
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